Halbschluss/Substitution
Als Halbschluss bezeichnet man das Ende einer Phrase, wenn es auf der V. Stufe (Dominante) endet. Ziehen wir nochmal das Menuett zu Rate.
Im Takt 8 endet die erste Phrase des Stückes auf D-Dur. Gemessen am tonalen Zentrum G-Dur (Takt 16 blau) also die Quinte (Dominante). Somit hätten wir hier den ersten Halbschluss (rot):
Im zweiten Teil ab Takt 17 versachiebt sich nun das tonale Zentrum nach D-Dur. Man erkennt dies beispielsweise am permanent vorhandenem c#. D-Dur avanciert also zur Zwischen-Tonika. Der entsprechende Ganzschluss findet sich im Takt 24 (blau). Damit einhergehend handelt es sich am Phrasenende in Takt 20 (rot) mit A-Dur wieder um einen Halbschluss:
Beim A-Dur handelt es sich gleichzeitig um die Doppel-Dominante (die Dominante der Dominante D-Dur von G-Dur).
Noch einen weiteren Halbschluss (D-Dur) finden wir im Takt 28 zum zugehörigen Ganzschluss G-Dur im letzten Takt:
Plagaler Halbschluss
Als plagalen Halbschluss bezeichnet man Phrasenenden, die auf der Subdominante enden, wie beispielsweise bei einem der bekanntesten Lieder des englischsprachigen Raums »Auld Lang Syne«. Dort endet die Phrase im vierten Takt auf B♭-Dur, der Subdominante von F-Dur:
Phrygischer Halbschluss
Ein interessantes harmonisches (Halb-)Ende einer Phrase ist die phrygische Variante, bei der das Ende durch einen Halbtonschritt nach unten (im Bass) erreicht wird. Ein prominentes Beispiel finden wir bei Bedrichs Smetanas »Die Moldau«. Im Takt 23 zu 24 ff. wechselt B♭7 mehrfach zu A7 (ab 0’53“):
Und wem das noch nicht reicht: Wolfgang Amadeus Mozart setzt sogar noch eins drauf. In seiner Sinfonie Nr. 40 (KV 550) komponierte er im ersten Satz »Molto Allegro« sogar einen doppelten phrygischen Halbschluss. Über ein Em7♭5 und E♭7 findet er nach D-Dur (Takte 14 bis 16 ab 0’17“):
Substitution
Warum dieser auf dem Papier etwas mysteriös in Erscheinung tretende phrygische Halbschluss überhaupt klanglich elegant daher kommt, lässt sich durch eine kleine Erweiterung veranschaulichen.
Wenn man bei diesen Septakkorden zusätzlich noch die Quinte vermindert, passiert Erstaunliches.
Als ein wirkliches Paradebeispiel entpuppt sich das »Girl From Ipanema« von Antonio Carlos Jobim. Im Takt 6 finden wir ein D7♭5 vor der Tonika D♭j7:
Solltest du diesen Song bisher immer nur in F-Dur gesehen haben, wird es dich vielleicht freuen zu erfahren, dass der Song im Original in D♭ geschrieben wurde.
Doch zurück zu unserem D7♭5-Akkord. Dem 7♭5-Akkord wohnt nämlich eine kuriose Eigenschaft inne. Er kann umgedeutet werden nach A♭7♭5. Genau im Abstand eines Tritonus finden sich zwei gleichberechtigte Grundtoninterpretationsmöglichkeiten (was für ein Wort). Diesen Fall beschreibt die Literatur als Substitution.
D7♭5
A♭7♭5
Das nun ein A♭7♭5 im Quintfall klanglich elegenat nach D♭ führt, ist hoffentlich für dich und jeden unserer Kursteilnehmer keine Überraschung mehr.