Anwendung stimmführungstechnisch betrachtet
Die Integration des verminderten Dreiklangs in den Dominant-Septakkord bringt es also mit sich, dass sich plötzlich ein vierstimmiger Akkord zwischen Dreiklängen tummelt und dieser damit deutlich lauter erklingt als die anderen Akkorde. Eine erhöhte Dynamik dürfte sich vielleicht die Tonika (der Grund-Dreiklang) als Schlussakkord erlauben, aber der (zumeist vorletzte) Septakkord?
Wie können wir diese Diskrepanz nun lösen?
Schauen wir uns den Septakkord mal genauer an:
- der Grundton ist natürlich von Bedeutung, da er ja überhaupt klärt, um welchen Akkord es sich handelt
- die Terz entscheidet über das Tongeschlecht (fröhlich oder traurig)
- die Septime erzeugt die Spannung zur Auflösung (zurück) in die Grundtonart
- und die Quinte? Nix.
Es ist tatsächlich so, dass die Quinte klanglich die mit Abstand geringste Auswirkung auf den Klang hat. Spielt man Grundton und Quinte gemeinsam, muss man schon genau hinhören, obe es zwei verschiedene Töne sind.
Dies hat zur Folge, dass man diese Quinte im Septakkord am ehesten entbehren kann. In den Akkordsymbolen wird die entsprechende Fingersatzzahl (hier die 2 in der mittleren Abbildung) aus diesem Grund häufig eingeklammert:
Lässt man sie tatsächlich weg (rechtes Bild oben), erhalten wir wieder einen dynamisch völlig gleichberechtigten Akkord.
Schauen wir uns letzlich noch die stimmführungstechnischen Auswirkungen an. Wechselt man zwischen Akkorden des gleichen Tongeschlechts (Dur – Dur oder Moll – Moll) fällt auf, dass wir bei den Hauptakkorden einer Tonart immer einen gemeinsamen Ton finden, während sich die anderen beiden in die gleiche Richtung ändern. Der tiefsten Ton g (5) bleibt gleich, die beiden anderen wandern nach unten:
Der mittlere Ton c (2) bleibt gleich, die anderen beiden wandern nach oben:
Kommt nun aber der Septakkord ins Spiel, wandern die anderen beiden Töne immer entgegengesetzt (also aufeinander zu oder voneinander weg) hier b (3) nach c (2) und f (1) nach e (1):
Aber!
Wenn es sich um eine harmonische II.-V.-I.-Verbindung handelt (in C-Dur also Dm-G7-C), dann spielt man die Quinte zwar wieder mit, schlägt sie (und die Septime) aber nicht nochmal an:
Von Dm nach G7 bleiben also der 1. und 2. Finger liegen und nur der 3. und 5. werden angespielt! Dadurch klingen Quinte und Septime (aber leiser) nach.