Blindes Melodiespiel in verschiedenen Lagen
Wenn du nun vom Wissen der ersten beiden Lektionen wirklich profitieren möchtest, solltest du ab sofort quasi alles blind spielen. Warum? Weil du es kannst!
Das Problem des tonalen Herangehens zeigt sich schnell, wenn man die Anzahl der Informationen mal detailliert durchrechnet:
- 14 Noten in den ersten 4 Takten mal 7 Wiederholungen = 98 Töne
- je zwei zusätzliche Melodietöne in den Takten 15 und 19 = 4 Töne
- 11 Noten in der letzten Zeile ergibt insgesamt 113 Informationen in der rechten Hand
- dazu kommen dann später noch 125 Töne in der linken Hand summa summarum 238 Töne!
Aus Sicht der Stimmführung reduziert sich das Ganze nun erheblich folgendermaßen:
- erste Umkehrung des C-Dur-Akkordes (natürlicher Tonraum)
- Daumen 2 Takte liegen lassen
- Tonleiter wie komplett möglich (vom 5. bis 2. Finger und zurück – mehr geht nicht wenn der Daumen liegen bleibt)
- im Takt 4 eine Wiederholung des 4. Fingers
- stummer Fingerwechsel des Melodietons h im 4. Takt
- ab hier sture Wiederholungen des 4taktigen Musters Ausnahmen folgen:
- stummer Fingerwechsel des Melodietons h im 8. Takt
- Takt 9 und 10: 2. Finger schwarze/weiße Taste vertauscht
- Takte 11 bis 14 nur die ersten beiden Takte des Musters
- Takte 13 bis 16 Akkordtypen vertauscht
- vollständige (durch Wiederholungstöne zeitlich gestreckte) Tonleiter (bis zum Daumen)
- Tonraumverschiebung durch 4. Finger auf h im Takt 16 auf Zählzeit 4
- Takt 19: Melodik wie Takt 15 (dies ist keine neue Info) aber Harmonik wie Takt 11
- ab Takt 21 nur noch der Dreiklangstyp
- Melodieton im Takt 22 auf Zählzeit 1 mit 4. Finger
- letzten beiden geänderte Melodietöne im Takt 22
Gesamtersparniss rechte Hand: bei 16 von 113 Infos rund 86%!!! Natürlich ist der Level auf einer höheren Stufe (Begrifflichkeiten wie Tonleiter, Mehrklänge, Tonräume, Wiederholungen, Finger(satz)wechsel, Zählzeiten etc. werden vorausgesetzt), das sich bietende Potential aber gewaltig.
Die linke Hand reduziert den Aufwand noch einmal mit maximal 13 Infos statt 125 Tönen auf mindestens etwa 90%. Beide Hände zusammen liegen damit bei ca. 88% Einsparung!!!
Man stelle sich einen solchen Wert mal im Beamtenhaushalt Deutschlands vor. 😉
Das zweite Problem neben der zu bewätigenden Informationsflut ist die Tatsache, dass das Gehirn immer nur einzelne Daten seriell (nacheinander) verarbeiten kann. Somit scheint sich die visuelle Vorgehensweise anzubieten. Dies ist jedoch ein Trugschluss quasi der Kardinalsfehler schlechthin!
Wenn man tonal rangeht und auf die Finger schaut betrachtet man alles von innen (Daumen) nach außen (kleiner Finger). Mehrklänge werden also immer vom tiefsten zum höchsten Ton berechnet (benötigen also immer die exakt gleiche unreduzierbare Zahl an Informationen wie Töne).
Dies ist musikalisch außerdem genau FALSCH herum. Das Wichtigste sind rechter Hand die obersten Melodietöne und in der linken Hand die tiefsten Bass-(Grund-)Töne (ebenfalls der kleine Finger) also genau die am schlechtesten sichtbaren Finger. Alles was Daumen und Zeigefinger vollbringen (müssen) ist nur musikalisches Beiwerk!
Das tonalen Denken entspricht also dem Buchstabieren, während Stimmführung Silben– und Worterkennung symbolisiert.